Viele Texte verwenden standardmäßig das generische Maskulinum, die männliche Form eines Nomens oder Pronomens wird also grundsätzlich zur Beschreibung von Personen oder Personengruppen verwendet –unabhängig vom Geschlecht der Beschriebenen. Andere Geschlechter mitzumeinen ist eine schlechte Idee, zumal einschlägige Studienergebnisse zeigen, dass nicht-männliche Leser*innen sich keinesfalls mitgedacht und mitgemeint fühlen. Beim Verfassen von Texten über gendersensible Sprache nachzudenken, ist also ein guter Einfall und sollte mittlerweile selbstverständlich sein.

Das Nachdenken über eine geschlechtergerechtere Sprache bedeutet aber auch, dass manchmal weniger mehr ist. Heute gebe ich dir 4 Fragen an die Hand, die dir bei der Entscheidung helfen, ob Gendern im konkreten Fall sinnvoll ist.

1. Sind dir die Geschlechter der von dir beschriebenen oder angesprochenen Personen bekannt?

Das generische Maskulinum kommt oft zum Einsatz, wenn eine Gruppe beschrieben wird, die sich aus Personen zusammensetzt, deren Geschlecht unbekannt ist. Das kann daran liegen, dass eine sehr allgemeine Gruppe beschrieben wird (zum Beispiel die allgemeine Berufsgruppe der ‚Beamten‘) oder daran, dass eine konkrete Gruppe der Person, die über sie schreibt, (noch) nicht bekannt ist (Tonis ‚Freunde‘ werden auch zur Party kommen).

In Fällen, in denen das Geschlecht der beschriebenen Personen nicht bekannt ist, sollte immer gegendert werden. Wenn du also nicht weißt, ob sich nicht-binäre Menschen, inter* Menschen und Frauen in der Gruppe befinden, die du erwähnst, solltest du diese genau so selbstverständlich ansprechen, wie auch die Männer.

Zum Beispiel:

  • Beamt*innen
  • Tonis Freund*innen werden auch zur Party kommen

Das Risiko, dass generell alle Beamt*innen männlich sind (Spoiler: Sind sie nicht) oder Toni nur mit Männern befreundet ist, ist in diesem Kontext vernachlässigbar. Ist dir das Geschlecht unbekannt – greife auf gendersensible Sprache zurück!

2. Beschreibst du ausschließlich Männer?

Falls dir die Geschlechter der Menschen, über die du schreibst, bekannt sind, gilt es eine weitere Frage zu beantworten: Beschreibst du ausschließlich Männer? Lautet die Antwort „Nein“, solltest du auch hier eine gendersensible Formulierung finden. Schreibst du tatsächlich nur über Männer, kannst und solltest du selbstverständlich bei der männlichen Form bleiben:

Thorsten, Amar und Farid sind Klassenkameraden.

Wichtig: Tappe hier in keine Falle. Bei manchen Nomen zur Beschreibung von Menschen wird gerne vorschnell vermutet, nur Männer könnten hier angesprochen sein. Ein Beispiel ist das Ausgehen von (typisch) männlichen Domänen, Eigenschaften und Räumen (etwa der Beruf des Soldaten oder des Maurers, der Fußballsport oder auch die Täterschaft im Kontext von Gewaltdelikten). Es gibt aber auch Soldatinnen, nicht nur Männer spielen Fußball und obwohl männliche Sexualstraftäter eine erdrückende Mehrheit bilden und sexualisierte Gewalt grundsätzlich entlang der Geschlechterachse verläuft, ist zur korrekten Beschreibung dieser heterogenen Gruppe die genderte Form besser geeignet: Täter*innen.

3. Handelt es sich bei den relevanten Begriffen überhaupt um ein geschlechtsspezifisches Nomen?

Bevor jedoch die Entscheidung getroffen wird, wie gendert wird – binär oder offener? Mit Sternchen, Gap oder Binnen-I? –, solltest du noch sicherstellen, ob der entsprechende Begriff überhaupt ein geschlechtsspezifisches Nomen ist, oder ob es vielleicht geschlechtsneutral ist. Begriffe wie „Mensch“, „Person“ oder im Plural „Leute“ musst du nicht gendern (und solltest es auch nicht – das würde seltsam wirken).

  • Es waren viele Personen auf der Party.
  • Die Leute haben sich amüsiert.
  • Es sind heute viele Menschen im Park.

Tipp: In vielen Fällen musst du für gendersensible Beschreibungen gar nicht auf Sternchen & Co. Zurückgreifen, sondern kannst eine neutralisierte Version des entsprechenden Substantivs verwenden:

  • Die Teilnehmer = Die Teilnehmenden
  • Die Studenten = Die Studierenden

Für einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten, gendersensibel zu schreiben und zu sprechen, klicke hier.

4. Möchtest du in deinem Text leichte Sprache verwenden?

Wenn leichte Sprache und gendersensible Sprache aufeinandertreffen, muss abgewogen werden: Soll das Geschriebene möglichst inklusiv im Sinne der Zugänglichkeit sein, oder sollen möglichst viele Geschlechter einbezogen werden?

Wenn du einen Text in leichter Sprache verfassen willst, sollten die Sätze möglichst kurz und die Begriffe sehr simpel gehalten werden. Die männliche Form liest sich in diesem Kontext meist am leichtesten, Sonderzeichen (wie etwa das Gender-Sternchen, der Doppelpunkt im Wort oder der Gap) sollten vermieden werden, das gilt auch für neutralisierte Begriffe, die nicht selten kompliziert und deshalb schwer zu verstehen sind (Student vs. Studierender).

Der beste Kompromiss scheint in diesem Falle noch die binäre Variante der Doppelnennung zu sein: Der Satz wird so etwas länger, beinhaltet jedoch keine unnötig komplizierten Worte oder Satzzeichen, die von Leseprogrammen womöglich nicht erkannt werden.

Bejahst du also die Frage, solltest du überlegen, wer die Leser*innenschaft deines Textes ist und ob es in diesem spezifischen Fall sinnvoll ist, ausnahmsweise vom Gendern abzusehen. Vielleicht findest du aber auch einen Kompromiss, mit dem du dich wohlfühlst!

Ich hoffe, dass diese Fragen dir bei der Orientierung helfen und es dir etwas erleichtern, in konkreten Kontexten zu entscheiden, ob Gendern notwendig ist!